Althof Retz – VinoSPA
Entspannung in alten und neuen Gemäuern
Die Stadt Retz ist ein urbanes Zentrum des nördlichen Weinviertels und seit gut zwei Jahren um eine besondere touristische Attraktion reicher. Um rund 2,5 Mio. Euro wurde das VinoSPA im Althof
Retz errichtet.
Es handelt sich dabei um einen Zubau, in dem im wesentlichen Wellness rund um das in dieser Region allgegenwärtige Thema Wein geboten wird. Die von Architekten Maurer & Partner ZT GmbH
geplante Anlage erfreut sich seit ihrer Fertigstellung zum Jahresende 2015 großer Beliebtheit bei den Gästen des an historischen Wurzeln reichen Gebäude- und Gemäuerensembles.
Der Entwurf von Maurer & Partner für die neue Bebauung sieht vor, den Bestand bestmöglich zu nutzen und die denkmalgeschützte Struktur dank sehr zurückhaltender Eingriffe gänzlich zu erhalten
– im Gegenteil: die alte Bausubstanz wird durch die neu hinzugekommenen, baulichen Komponenten noch hervorgehoben, da das Steinmauerwerk der historischen Stadtmauer eine zusätzliche Akzentuierung
erfährt.
Respektvoller Dialog
Das markanteste der neuen Gebäude wurde quasi schwebend über dem Fundament des ursprünglichen Turms errichtet. Es handelt sich dabei um einen zweigeschoßigen Kubus aus Holz und Glas. Das Tragwerk
ist eine Leichtbaukonstruktion, bestehend aus Holzstützen, Deckenträgern aus Stahlprofilen und ausfachenden Vollholzplatten als Deckenmaterial.
Der Turm stellt eine Ergänzung zum Ensemble dar und schließt den zweiten Hof des Hotels als Gesamtanlage nach Westen hin.
Die klare Gebäudeform des Neubaus stellt einen spannenden und reizvollen Kontrapunkt zum Bestand dar. Vorgesetzte Lamellenelemente gewährleisten einen hinreichenden Sicht- und
Sonnenschutz.
Ein weiterer neuer Zubau, der u. a. Ruhe- und Entspannungsräume beherbergt, wurde entlang der Stadtmauer so positioniert, dass auch er eine architektonisch adä-quate Ergänzung zum Bestand
darstellt. Als Leichtbau in Holzbauweise ausgeführt, ist er lediglich im Berich des Stahlbetonsockels eingeschüttet. Die Basis bildet eine Fundamentplatte, Außenwand- und Dachkonstruktionen
bestehen aus dem Baustoff Holz.
Im Bereich zwischen Zwinger-und Burgmauer wurde unterirdisch ein Massivbau in Stahlbetonbauweise ausgeführt, wobei der Bereich an der Stadtmauer in Stützen aufgelöst wurde, um die alten Gemäuer
sichtbar zu machen. Hier finden sich nun neben diversen Serviceräumlichkeiten ein wesentlicher Teil der neuen Saunalandschaft mit sechs regionaltypisch designten Saunen sowie Massage- und
Kosmetikräume.
Im angrenzenden, 700 Jahre alten Wehrturm der Retzer Stadtmauer konnte ein rundes Warmwasserbecken aus Edelstahl mit freiem Blick in Richtung Himmel passgenau implementiert werden.
Bei all diesen Einbauten blieb die denkmalgeschützte Stadtmauer völlig unangetastet, was angesichts des Platzgewinns doch erstaunlich ist und ganz grundsätzlich für die ausgezeichnete Planung
spricht.
Neues „Herzstück“ der großzügigen Wellnessanlage ist zweifelsfrei ein 40 m2 großer Infinity-Pool auf dem Dach des neu errichteten Kubusses, von wo aus ein spektakulärer Ausblick auf die
Stadt mit dem beeindruckenden Turm des Retzer Rathauses, die berühmte Windmühle sowie auf die umliegenden Weinberge genossen werden kann.
Eine besondere Herausforderung im Zusammenhang mit den beiden Outdoor-Pools bestand darin, die umfangreiche Schwimmbadtechnik vom Dach des neuen Gebäudes bzw. vom Rundturm der Stadtmauer in den
unterirdisch gelegenen Technikbereich zu leiten. Eine Aufgabe, die von den Experten der BWT Pool & Water Technology GmbH bravourös erledigt werden konnte.
Durch Licht verbunden
„Verbunden“ sind all diese Wellnessbereiche durch Licht. Architekt Ernst Maurer dazu: „Tageslicht dringt an zahlreichen Stellen durch die Zubauten in den Bestand. Die Lichtpunkte bilden eine
Klammer, die Alt und Neu verbindet und die Natürlichkeit im Inneren betont.“
Belohnt wurde dieses bestechende architektonische Konzept und die sensible Ausführung mit einem Anerkennungspreis beim 10. NÖ Baupreis, einer Auszeichnung als Preisträger bei „Vorbildliches Bauen
in NÖ“ sowie dem Sieg beim Publikumspreis im Zuge des von NÖ gestalten durchgeführten Wettbewerbs um die Goldene Kelle. Wörtlich heißt es in der Laudatio: „ ... die neuen Zubauten bekennen sich
architektonisch ihrer Entstehungszeit und sind vom Bestand deutlich ablesbar, ohne mit diesem in Konkurrenz zu treten. Der respektvolle Dialog zwischen Alt und Neu erfolgt bautechnisch in
vorbildlicher Weise und lässt das VinoSPA zu einem statischen, architektonischen und denkmalpflegerischen Vorzeigeprojekt werden.“
Geschichtsträchtige Mauern
Der Althof Retz steht auf historisch bedeutsamem Boden, nämlich an der Kreuzung zweier mittelalterlicher Handelswege, dem Rittsteig und dem Thayatalweg. Die Grafen von Hardegg, Otto und Konrad
von Plain, hatten sich an diesem Kreuzungspunkt ein Mautrecht angeeignet, und zwar noch vor der Stadtgründung, also vor mehr als 700 Jahren. Äußeres Zeichen dieses Mautrechts war ein von Steuern
befreiter Hof, ein sogenannter Freihof. Zum Schutz dieses Freihofs bauten die Grafen von Hardegg eine Burg – die Geburtsstunde des heutigen Althofs von Retz.
Im 16. Jahrhundert wurde der vormalige Burgbereich zum Wirtschaftshof (Meierei) umgebaut. Im Zuge dessen erwähnen Zeitdokumente einen großen Turm. Dessen Reste dürften das heute noch bestehende
Rondell darstellen, in dem sich nunmehr das bereits beschriebene, runde Warmwasserbecken befindet.
Geht man entlang der Zwingermauer auf Entdeckungsreise, so findet sich auf der Nordseite der ehemaligen inneren Stadtmauer (in der Höhe der heutigen Hotel-Rezeption) der bescheidene Rest eines
uralten Verputzes. Dieser stammt original aus der Gründungszeit der Burg, was vom Reichtum der Grafen von Hardegg zeugt, die ihre Burg nicht unverputzt an die Kreuzung der beiden erwähnten
Handelswege stellen wollten.
Fotos:
Architekten Maurer & Partner ZT GmbH / Tschank
Althof Retz / BWT / Rudolf Schmied
Projektpartner Althof Retz – VinoSPA
Bauherr: Althof Retz VinoSPA GmbH
Architektur: Architekten Maurer & Partner ZT GmbH
Innenarchitektur Hotel + Gastronomie: Derenko GmbH
Pool und Wassertechnik: BWT Pool & Water Technologie GmbH