Gabrium: Hotel in 5 Trakten
... als Teil des vielfältigen Missionshauses St. Gabriel
Vor ziemlich exakt 130 Jahren begann, was heute unter der Bezeichnung Gabrium als architektonisch beeindruckendes, vorbildlich generalsaniertes Hotel fungiert und als solches einen wichtigen Teil des Gesamtkomplexes Missionshaus St. Gabriel darstellt. In den Jahren 1889 bis 1914 wurde der Bestand von den Steyler Missionaren Schritt für Schritt aufgebaut. „Slow Architecture“ nennen es die Steyler Missionare heute, was ihre Brüder damals praktizierten. Und in der Tat liest sich die Entstehungsgeschichte des Missionshauses wie eine „impressive mission“. In der Print-Dokumentation „aufgegabelt! Die Vielfalt von St. Gabriel entdecken“, die vom Bauherrn der Revitalisierung, dem Immobilienfonds der Steyler Missionare, herausgegeben wurde, steht geschrieben: ... „War der Baubeginn noch eher bescheiden, so verdreifachte sich mit dem Weiterbau ab 1890 die Fläche. Die zur Errichtung des Augustinus-Baus und der ersten Gebäude im Werkhaus-Bereich notwendigen Baumaterialien, wie Ziegel oder Dachpappe, mussten von nahegelegenen Firmen ... zugekauft werden. Wohl aus Gründen der Autarkie und vor allem der Finanzen wegen wurde jedoch die eigenständige Erzeugung der massenhaft benötigten Ziegel angestrebt. Aufgrund der lokalen geologischen Verhältnisse ... war dieses Vorhaben nach einigen Fehlversuchen auch erfolgreich. ...wenn heute Besucher durch das Gelände spazieren, begegnet ihnen ein Relikt aus dieser Zeit: Die Lehmgrube, aus der das Material für die Ziegelproduktion kam, ziert heute den Park als idyllischer Teich.“
Innovative Lebenswelten
Im Lauf der Jahrzehnte veränderten sich auch für die Steyler Missionare die Bedingungen, unter denen sie in Maria Enzersdorf ihr Dasein fristeten. Bis zu 600 Brüder, Priester und Studenten lebten zu „Spitzenzeiten“ in den 1920er-Jahren auf dem Gelände des Missionshauses St. Gabriel. Im Gespräch mit dem Mastermind der umfassenden Restaurierung und Entwickler der innovativen Lebenswelten, Mag. Friedrich Mayrhofer, wird rasch klar, welch ausgefeiltes Konzept hinter den zahlreichen Maßnahmen steckt: „Vor fast zehn Jahren wurde ich gebeten, die Standortentwicklung hier in St. Gabriel in die Hand zu nehmen. Ein Unterfangen, das aufgrund der historisch gewachsenen Strukturen eine echte Herausforderung darstellte. St. Gabriel ist ja nicht nur ein Kloster gewesen, es war theologische Hochschule, weltweit die zentrale Ausbildungsstätte für den Orden der Steyler Missionare, es war Wirtschaftsbetrieb – von der Landwirtschaft über Schlosserei bis hin zur Druckerei und Buchbinderei etc. Quasi zum Einstieg hab‘ ich hier eine über 100 Jahre alte Infrastruktur und Bausubstanz vorgefunden. In Summe ist das hier ein Entwicklungsprojekt für mehr als eine halbe Generation. Derzeit stehen wir zirka bei Halbzeit.“
Mehrere Ausbauphasen
Vom Büro amm Architekten – Architektin DI Anne Mautner Markhof und Projektleiter DI Horst Kottbauer – geplant, wurde eine Lösung entwickelt, die im Missionshaus St. Gabriel ein ungestörtes Ordensleben ermöglicht, gleichzeitig im Hotel Gabrium aber auch einen zeitgemäßen und effizienten Hotelbetrieb auf hohem Niveau gewährleistet.
In der ersten Phase 2012 bis 2014 wurde der Alterssitz des Ordens saniert. Die Missionare, die aus aller Herren Länder nach St. Gabriel kommen, um hier ihren Lebensabend zu verbringen, finden nun kleine, modern und zweckmäßig eingerichtete Wohneinheiten vor.
Phase 2 betrifft das Hotel Gabrium. Mayrhofer: „Der Orden hat entschieden, dass es (wieder) einer Bildungseinrichtung bedarf, aber in anderer Form, als das früher der Fall war. So wurde die Idee geboren, ein Seminarhotel mit Schwerpunkt Businessseminare zu errichten. Das Gabrium war damit von der Idee her geboren.“
Bald gesellte sich zu diesem Konzept ein zweiter Schwerpunkt, nämlich die Abhaltung von Festen und Feiern, vor allem Hochzeiten. Die Voraussetzungen dafür sind mit dem weitläufigen Park samt romantischem Biotop, der schönen Kirche, einem großzügigen Festsaal, der früher als Hörsaal der theologischen Hochschule diente, ideal.
Hell und dunkel
Kontrastierend zur dunklen, tiefroten Backsteinfassade überraschen der transparente Eingang, das Foyer und die Rezeption des Hotels mit einem strahlend hellen und (gast-)freundlichen Ambiente. Auf den ersten Blick fallen die orientalisch anmutenden Sitzgelegenheiten auf. Sie sind der prinzipiellen Philosophie des Hauses geschuldet. „Internationalität, Interkulturalität bilden im Sinne des weltweit tätigen Ordens die Grundlage für den multikulturell ausgerichteten Interieurkatalog“, erklärt Mayrhofer. Ein Maßstab, der sich auch im Inneren des Hotels konsequent fortsetzt. Jedes Stockwerk für sich – Gänge, Zimmer, sonstige Flächen – bildet einen Kontinent ab. Möblierung, Zier- und Kunstgegenstände sowie diverse Artefakte vermitteln die jeweiligen Flairs und Stimmungen – „ein Hotel umarmt die Welt“ sozusagen. Verantortlich für diesen „One World-Zauber“ zeichnet Innenarchitektin Isa Stein, die den ausgelobten Wettbewerb für sich entscheiden konnte.
Moderne Technik
Wie perfekt Alt und Neu harmonieren können, zeigt sich auch im Bereich der Technik. Belange der Bauphysik (Wärme-, Feuchte- und Schallschutz), Raumakustikplanung und Baudetaillösungen werden von Dipl.-HTL-Ing. Johannes Stockingers Firma S&P energydesign verantwortet.
Auf dem großen Carport, das sich auf dem St. Gabriel-Gelände befindet, sorgt eine Photovoltaik-anlage mit 100 kWp für saubere und nachhaltige Energie. Die Anlage wurde gemeinsam mit indischen Ordensbrüdern installiert. Eine offizielle Würdigung erfuhr dieses Engagement durch die Verleihung des Österreichischen Solarpreises.
Fotos: Gabrium / Josef Helfert, Manfred Lang
Projektpartner Gabrium / Missionshaus St. Gabriel
Bauherr: Immobilienfonds der Steyler Missionare
Architektur: amm Architekten
Bauausführung: Leyrer + Graf Bauges.m.b.H.
Bauphysik, Raumakustikplanung, Baudetaillösung: S&P energydesign e.U.
Leuchten und Lampen: NEU/ZEUG Design OG