Wasserschloss Kottingbrunn
Bauphase III: Markowetz-, Musikschultrakt und Innenhof
Seit beinahe vier Jahrzehnten steht in Kottingbrunn das seit 1991 im Besitz der niederösterreichischen Gemeinde befindliche Wasserschloss, das auf eine hölzerne Wasserburg aus dem 11./12. Jahrhundert zurückgehen dürfte, und seine Nebenanlagen, die vermutlich in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts von den damaligen Besitzern, den Brüdern Ulrich und Gaitmar vom Geschlecht der Stuchse von Brunn, als Wirtschaftsgebäude errichtet wurden, im Fokus umfangreicher Sanierungs-, Um-, Zu- und Neubauaktivitäten. Die umfangreichen Arbeiten verteilen sich auf mehrere Bauphasen. Die erste galt zwischen 1982 und 2000 dem Schloss selbst. In deren Rahmen hielten im Erdgeschoß ein Restaurant sowie die Gemeindebücherei Einzug. Das erste Obergeschoß bezogen unter anderem die Betriebsgesellschaft der Gemeinde und ein Museum, während im zweiten Obergeschoß die Gemeindeverwaltung Platz fand.
In den Jahren 2001 und 2002 wurden in der Vorburg der markante Uhrturm sowie der Zöchlingtrakt generalsaniert.
2005 / 2006 folgte die Sanierung des Schneider-Trakts. Dieser Teil fungiert heute als Bürogebäude.
Dieser Artikel behandelt hingegen den das Gesamtsanierungsprojekt vorläufig abschließenden Bauteil mit Markowetz-, Musikschul- bzw. Verbindungstrakt, Erweiterung der Kulturwerkstatt sowie auf die Neuanlage des groß-zügigen Innenhofs mit seinen zahlreichen Sicht- und Bezugsachsen.
Markowetztrakt zukunftsfit
Projektleiterin DI Ulrike Emminger vom mit der Planung beauftragten Architekturbüro kosaplaner weiß Details von den umfangreichen Arbeiten am Markowetztrakt zu berichten: „Der Markowetztrakt erfuhr eine umfassende Generalsanierung sowie zahlreiche bauliche Adaptierungen. Sämtliche nicht tragenden Innenwände sowie die im Bestand unterschiedlichen Bodenaufbauten wurden abgebrochen, der komplette Bodenaufbau in dichter Ausführung erneuert. Neue Innenwände – tragende und nicht tragende – wurden in Ziegelbauweise auf der neuen
Bodenabdichtung errichtet.
Die stark feuchtebelasteten Bestandswände in Mischmauerwerk wurden mittels Horizontalabdichtung nach Durchschneiden trockengelegt.
Das bestehende Mischmauerwerk wurde innen teils diffusionsoffen verputzt, teils instand gesetzt, sandgestrahlt und weitestgehend steinsichtig belassen.
Die Fassaden wurden vollflächig verputzt, wobei bestehende Steingliederungen saniert und teilweise ergänzt wurden und weiterhin steinsichtig blieben. Die bestehenden Fenster- und Türöffnungen wurden zum Teil übernommen und zum Teil geschlossen, weiters wurden neue Fensteröffnungen hergestellt.
Der bestehende Veranstaltungssaal, bereits kurz nach Fertigstellung intensiv genutzt, erhielt einen neuen Notausgang Richtung Osten.
Die bestehende Deckenkonstruktion – Platzlgewölbe in Ziegelbauweise zwischen Eisenträgern auf Steinkonsolen – wurde saniert, wobei die alten Träger in die Gestaltung der neuen Beleuchtung miteinbezogen wurden.
Oberhalb der bestehenden, sehr zart dimensionierten Gewölbekonstruktion musste zur Aufnahme der Lasten eines etwaigen Dachgeschoßausbaus eine zusätzliche Deckenkonstruktion mittels Stahlträgerrost eingezogen werden, die mit einer Dämmschüttung verfüllt und mit einer Brandschutzschalung, die gleichzeitig als provisorischer Fußboden fungiert, beplankt ist. Diese Ebene bildet die Tragschicht für einen zukünftigen Fußbodenaufbau.
Die bestehenden Dachsparren wurden mit Stahlrahmen unterstellt, sodass der alte Dachstuhl teilweise abgebrochen werden konnte. So entstand ein großzügiger Dachraum, der für eine zukünftige Nutzung flexibel ausgebaut werden kann. Nord- und ostseitig wurden neue, öffenbare Dachflächenfenster eingebaut.
Die Zu- und Abluftkanäle zur Versorgung des Erdgeschoßes wurden hinsichtlich eines zukünftigen Dachgeschoßausbaus möglichst knapp an den Außenwänden entlanggeführt. Der Dachbodenausbau selbst wurde im Zuge des aktuellen Projekts nicht realisiert.
Da die alte Dachdeckung aufgrund des schlechten Zustands nicht mehr saniert werden konnte, wurde das Dach in seiner bestehenden Form mit einer neuen Ziegeldeckung mit Wiener Taschen versehen.
Die Funktion des Markowetztrakts als Veranstaltungsort wurde beibehalten, wobei zusätzlich zum bestehenden Festsaal eine Gastronomie samt neuer Sanitärgruppe und ein innenliegender Glaswindfang errichtet wurden. Der Bereich hinter der Bühne wird einerseits als Personalgarderobe genutzt, wofür ein eigener Sanitärraum zur Verfügung steht, zum anderen ist hier auch die gesamte technische Infrastruktur für den Veranstaltungsbetrieb (Bühnen-, Ton- und Beleuchtungstechnik, Netzwerk etc.) situiert.
Für eine mögliche zukünftige Nutzung des Dachbodens wurde im südwestlichen Gebäudebereich bereits im Zuge des aktuellen Projekts ein neues Treppenhaus errichtet sowie ein Aufzugsschacht vorbereitet. Dieser wird durch Einbau eines Doppelbodens sowie einer provisorischen Abdeckung vorerst als Abstellraum genutzt.
Neuer Trakt für Musikschule
Von jenem Gebäude, das heute den Markowetztrakt mit der Kulturwerkstatt verbindet, bestanden nur mehr Teile der beiden Außenwände in Mischmauerwerk. Diese waren jedoch aufgrund der Durchwurzelung und der permanenten Durchfeuchtung substanziell bereits stark in Mitleidenschaft gezogen.
Diese Wände wurden mittels Horizontalabdichtung durch Durchschneiden trockengelegt. Der komplette Bodenaufbau wurde nach Abgraben des Erdreichs in dichter Ausführung, angepasst an das anschließende Fußbodenniveau von Markowetztrakt und Kulturwerkstatt, neu hergestellt.
Neue Wände – tragende und nicht tragende – wurden in Ziegel- bzw. Trockenbauweise auf der neuen Abdichtung errichtet. Das bestehende Mischmauerwerk wurde innen teilweise diffusionsoffen
verputzt, teilweise instand gesetzt, sandgestrahlt und steinsichtig belassen sowie teilweise mit Glasschaumplatten gedämmt.
Die Fassaden wurden vollflächig verputzt, wobei bestehende Steingliederungen – diese befinden sich an der rückwärtigen Fassade zum Wassergraben hin – saniert und teilweise ergänzt wurden und weiterhin steinsichtig bleiben. Die bestehenden Fenster- und Türöffnungen wurden übernommen, wobei das Lager im Anschluss an die Kulturwerkstatt einen ostseitigen Ausgang erhielt.
Die westliche Außenwand zum Innenhof war nicht mehr über die gesamte Länge im Bestand vorhanden, daher wurde als Ergänzung eine neue Wand in Ziegelbauweise errichtet und mit einer Wärmedämmung versehen.
Als Deckenkonstruktion kamen Betonfertigteile (Hohldielen) zum Einsatz, die mit einer Dampfbremse sowie einer begehbaren Dämmung ausgerüstet wurden. Das neu errichtete Satteldach wurde in der historischen Form als Kaltdach wiedererrichtet und, wie auch beim Markowetztrakt, mit einer Ziegeldeckung aus Wiener Taschen versehen.
Vier der sechs Musikschulräume wurden als bauakustisch wirksames, spezielles „Raum-im-Raum-System“ errichtet. Dazu wurden „Boxen“ in Holzriegelkonstruktion gebaut und allseitig mit einer speziellen, mehrschichtigen Beplankung versehen, um den Schall in den verschiedenen Frequenzbereichen zu absorbieren. Zwischen den einzelnen „Raumboxen“ gewährleistet ein Abstand von zumindest zwei Zentimetern, dass die Schallübertragung von Raum zu Raum auf ein Minimum reduziert wird. Sämtliche Einbauen und Leitungen (z. B. Zu- und Abluftleitungen) sind mit Schalldämpfern ausgestattet.
Die Musikschulräume 5 und 6 waren zur Ausbildung eines Raum-im-Raum-Systems zu klein, erhielten aber akustisch wirksame, vollflächige Trockenbau-Vorsatzschalen.
Im Kartenbüro, das im Übergangsbereich von Musikschultrakt und Kulturwerkstatt angesiedelt ist, wurde eine Galerie in Ortbeton errichtet, die über eine Holztreppe erreichbar ist. In diesem Bereich ist das Raumgefühl besonders groß-zügig, da der Raum bis zur Dachfläche offen ist. Zusätzlich wurden an der Ostseite zum Wassergraben Dachflächenfenster eingebaut, die einen besonders hellen, freundlichen Raumeindruck ermöglichen.
Treffpunkt Innenhof
Zeitgleich mit den Arbeiten an Markowetztrakt und Musikschule wurde auch der Schlosshof mit einer Gesamtfläche von 5.200 m2 neu gestaltet. Die gesamte Gestaltung ist auf das historische Ensemble abgestimmt.
Während der Innenhof für PKW und Klein-LKW über die westseitige Tordurchfahrt erreichbar ist, konnten alle anderen Bau- und Anlieferungsfahrzeuge nur über die nördliche Brücke von der Schloßallee aus zufahren. Genau in diesem Bereich liegt jedoch auch die Haupttrasse sämtlicher Infrastrukturleitungen, die im Zuge des Bauvorhabens großteils erneuert wurden. Die Baustellenkoordination war also durchaus eine logistische Herausforderung.
Die Gestaltung der Oberflächenbefestigung wurde über gestockte Pflasterplatten realisiert, deren Farbzusammenstellung extra auf den Innenhof des Wasserschlosses Kottingbrunn abgestimmt wurde. Die Aufenthaltsbereiche vor den Gebäuden und den gastronomischen Einrichtungen sind mit Terrassenbelägen aus Thermoesche gestaltet. In die Sitzbänke wurde ein hinterleuchtetes Leitsystem implementiert, das die Haupteinrichtungen im Schlosshof anzeigt.
Bepflanzungskonzept
Das Bepflanzungskonzept ist auf den Standort des Wasserschlosses und den hohen Grundwasserstand abgestimmt und mit einer Bewässerungsanlage ausgestattet. Als Highlight wurde eine Wasserfläche im Bereich vor Markowetztrakt und Musikschule errichtet. Dieses Wasserbecken wird mit einem biologischen Filtersystem ohne Zugabe von Chemikalien betrieben und weist grundsätzlich Trinkwasserqualität auf.
Insgesamt konnten im Innenhof der Vierkantanlage 3.680 m2 Pflasterflächen für Veranstaltungen, als Parkflächen und Begegnungsraum geschaffen werden. Dazu kommen gut 1.050 m2 neu bepflanzte, gärtnerisch gestaltete Fläche, rund 85 lfm Sitzbänke und 320 m2 Holzbeläge im Bereich der Aufenthaltszonen vor den Gebäuden.
Quelle Text und Fotos:
DI Ulrike Emminger, kosaplaner gmbh
Projektpartner Wasserschloss Kottingbrunn
Bauherr: Marktgemeinde Kottingbrunn Betriebsgesellschaft m.b.H.
Architektur: kosaplaner gmbh